Eintrag Nr. 1 – 03.04.901 Die Elster zückt die Feder Die Elster, Meisterdieb von Konoha, aufgestiegen in die Sphären der Shinobi und damit endgültig der elendigen Akademie entflohen, sitzt gerade mit blauen Flecken übersät in ihrem Zimmer, über Vergangenes wie Gegenwärtiges und vor allem Zukünftiges grübelnd. Eigentlich habe ich die Praktik des Tagebuchschreibens immer für Zeitverschwendung gehalten, ein paradigmatisches Hobby für überraschend hirnlose Musterknaben, die meinen, ihren eigenen Zeilen rückwirkend etwas abgewinnen zu können, wenn sie sich Jahre später wieder darin verlieren. Aber im Moment meine ich zu erkennen, dass diesem Akt womöglich, bereits durch die alleinige Ausführung, etwas Reinigendes innewohnt, von dem ich nun Gebrauch zu machen gedenke. Hoffentlich hilfts. Wenn nicht, habe ich mich zumindest in der Verwendung meines beeindruckenden Vokabulars trainiert, wie es sich nicht nur für eine lebende Legende, sondern auch für einen vorzeigbaren Shinobi gehört. Wer sich auszudrücken weiß, wird beachtet. Und wenn ich meinen Feinden dereinst den Marsch blase, will ich ihnen nicht nur rein kinetisch, sondern auch akustisch eine Lektion erteilen, die so schnell nicht vergessen werden soll. Wer aber bin ich und wer sind meine Feinde? Was will ich und wie zum Henker bist du dieses Tagebuchs ansichtig geworden? Fragen über Fragen. Das Wichtige hat Vorang: Ich bin die goldene Elster von Konoha, Kasasagi Sasashi! Und zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung endlich Genin, wiewohl ein Teil der Dorfgemeinschaft diesen Fakt noch nicht zu akzeptieren gelernt hat. Und wie bist du an diese Zeilen gelangt? Ich hoffe, ich habe mein Tagebuch nicht allzu offensichtlich versteckt. Aber wem mache ich etwas vor? Ich lebe in einem Shinobidorf. Die Hoffnung, hier etwas sicher verstecken zu können, gleicht dem Vorhaben, ein Eislager in einem aktiven Vulkan anlegen zu wollen. Besseren Wissens zum Trotz, will ich hier aber meine Gedanken und Erlebnisse getreulich wiedergeben. So ihr meines Herzens, in Tinte gegossen und niedergeschrieben, habhaft werdet, behandelt es mit Respekt und gebt es mir gefälligst zurück!
Es ist noch keine vierundzwanzig Stunden her, da glaubte ich, endlich einen bedeutenden Meilenstein in meinem Leben erreicht zu haben. Nun gut, dass hatte ich auch, aber wie so oft, kam alles anders, als ich es mir gewünscht hatte. Ich hätte es kommen sehen können. Müssen! Mein Training hatte sich bezahlt gemacht. Vor einer Jury, bestehend aus einem Haufen Rattengesichter, die mich schon für den kleinsten Fehler in der Demonstration meiner Fähigkeiten, zurück auf die Schulbank geschickt hätten, vollbrachte ich, woran ich zuvor so schmerzlich gescheitert war. Die Genjutsu, die mir niemand hatte zutrauen wollen, wirkten und es zeigte sich, dass der Knabe zum Manne geworden war. Einem, den man nicht länger an der Akademie festsetzen konnte, sondern in die Laufbahn als Shinobi entlassen musste! Ah, dieses Gefühl, endlich meinen Wert bewiesen zu haben. Es hielt viel zu kurz an! Kaum, dass ich mich, mit meinem Stirnband in der Hand, der wartenden Menge präsentierte, wurde ich in altbekannter Manier bombardiert. Die Einen sponnen wilde Geschichten, wonach ich die Prüfer irgendwie getäuscht hätte, die Anderen begannen, mir die Flügel zu stutzen, die ich mir über Jahre hinweg zusammengeleimt hatte. Als Shinobi könne ich nicht mehr, wie bisher, den "dreckiger Straßendieb" spielen. Niemand beglückwünschte mich, gab zu, sich in meinen Fähigkeiten getäuscht zu haben. Im Gegenteil. Sie schienen es garnicht abwarten zu können, dass mich eine Mission das Leben kostet. Oder ich in die Fußstapfen meiner Mutter trete. Welch' großartige Kameradschaft! Und da wundern sie sich noch, dass ich ihre "Traditionen" mit Füßen trete. Alsob ich jemals daran hätte teilhaben wollen! In meinem Zimmer passte ich mein Stirnband meinem Bedürfnissen an. Schwarz ist einfach immernoch cooler als blau. Als ich es, dem altbekannten Verlangen nach Aufmerksamkeit und Neid folgend, bei einem Spaziergang durchs Dorf zur Schau trug, konnte ich die kalten Stimmen wieder um mich flüstern hören. Was ich nicht hörte, waren meine Verfolger. Ja, ich, die Elster, wurde verfolgt und überfallen! Einem echten Genin wäre das nicht passiert, wohl wahr. Akio lauerte mir wieder auf, vermutlich um Rache zu üben, für letztes Mal. Meinte, diesmal sei ich zu weit gegangen. Zunächst glaubte ich, damit, wie ich schon befürchtet hatte, für Hanas kleinen Wutanfall, seiner Großmutter gegenüber, büßen zu müssen, aber wie sich herausstellte, ging es ihm um wesentlich mehr. Ihm und Haruma. Dieses Milchauge erwischte mich von hinten, bevor ich überhaupt spitzkriegte, dass da wer war. Und warum? Nun, offenbar wollte Haruma nicht allzu viel mit Akio und seiner Vendetta gegen meine Mutter und alles, was ihre Hände je berührten, zu tun haben, aber beim Tragen eines fair und ehrlich errungenen Stirnbands zog sein akut überbelasteter Verstand wohl den Strich. Schätze dieses aufgesetzte Getue liegt in der Familie. Hyuuga. Altbackene, unflexible Wichtigtuer. Traditionen und ungeschriebene Gesetze sind denen wohl wichtiger, als gesunder Menschenverstand. Diese beiden Volltrottel glaubten ernsthaft, ich hätte mein Stirnband geklaut oder so! Und dafür meinten sie mich zur Rechenschaft ziehen zu müssen. Und diesmal hatte Haruma wohl auch kein Problem mehr damit, Akio seine mörderischen Tendenzen durchgehen zu lassen. Fast hätte er mich aufgespießt! Wenn ich nur darüber nachdenke, wird mir immernoch schlecht. Ich konnte nichts tun, nur zusehen und mich von meinem verfickten Onkel retten lassen. Ihm und seinem Ding. Später meinte er noch, mich belehren zu müssen. Vonwegen, ich müsste auf eigenen Beinen stehen. Alsob er, ohne seinen schwarzgebrannten Bölkstoff, einen Schritt vor die Tür machen könnte. Aber wenigstens machte er sich einmal in seinem Leben nützlich und verschaffte mir Zugang zu meinem Erbe. Hat er das die ganze Zeit vor mir verheimlicht oder selbst erst finden müssen? Meinte er, ich sei erst jetzt bereit dafür? Was weiß ich. Verrecken soll er. Sobald ich die Mittel habe, bin ich raus und seinen Gestank los.
Die letzten Stunden habe ich in meinem Zimmer verbracht. Ab und zu fallen mir die Augen zu. Draußen wird es allmählich wieder Tag. Aber das hier ist erstmal wichtiger. Das Buch, das Tagebuch meiner Mutter! Wenn es den echt ist. Könnte auch nur ein aufwändiger Streich der alten Schnapsdrossel da unten sein, aber so viel Aufwand wäre ich ihm im Leben nicht wert. Die Handschrift gleicht seiner jedenfalls überhaupt nicht. Mehr meiner eigenen. Also nicht meiner Schulschrift, die habe ich, den Lehrern zum Trotz, immer schön versaut. Nein, die Schrift in dem Tagebuch ist teilweise recht makellos. Auf engsten Raum gedrückt, aber dennoch sauber lesbar. Wie gedruckt. Und von ähnlich mechanischer Erzählweise. Ich habe das Tagebuch bislang nur überflogen, zum konzentierten Lesen fehlt mir irgendwie die Energie, aber von dem, was ich bisher erspähen konnte, handelt es sich wohl mehr um eine Reihe von Missionsberichten. Entweder das, oder meine Mutter war mehr Kunoichi als Mensch. Ein Werkzeug, präzise, ohne nennenswerte Hintergedanken. Je weiter ich jedoch im Buch blättere, desto mehr lässt die Qualität nach. Sie beginnt zu schludern und manches wird geradezu unlesbar. Die anfangs noch sauber datierten Einträge, lassen sich mit der Zeit kaum noch einordnen. Aber ich denke, der letzte Eintrag muss irgendwann kurz vor ihrer Flucht verfasst worden sein. Und er entzieht sich jeglichem Verständnis. Ich frage mich, ob der letzte Eintrag, vielleicht auch einige der vorangehenden, überhaupt von meiner Mutter geschrieben worden sind. Die Schrift sieht nicht überhaupt nicht mehr wie die am Anfang aus und was da steht, ergibt keinen Sinn. Es ist, als würden zwei Personen ein Zwiegespräch führen. Eine der Personen könnte meine Mutter sein, aber wer wäre die andere? Und was sollen all die Reime? Die passen überhaupt nicht in die staubtrockene Aktensprache meiner Mutter. "Der Anfang sucht das Ende auf, Wiederholung ist des Schicksals Brauch." Wenn ich einen professionellen Codeknacker bei der Hand hätte, wäre das Rätsel sicher im Handumdrehen gelöst, aber ich bin auf mich gestellt. Und ich wette, dass dieser letzte Reim ein Hinweis ist. Als meine Mutter das Dorf verließ, stellte sie sicher, dass nichts von Belang zurückblieb. Und die Tatsache, dass Mutter noch immer auf freiem Fuß ist, spricht dafür, dass sie ihre Sache gut gemacht hat. Im Spurenverwischen muss sie einsame Spitze sein. Wie kann dann aber das Tagebuch noch hier sein? Wie kann mein nichtsnutziger Onkel es gefunden und für sich behalten haben, ohne das wer etwas merkt? Und könnte ihr Ring auch etwas damit zu tun haben? Ich komme mir vor, wie bei einer Schnitzeljagd. Nur das ich am Ende das Schnitzel bin, wenn ich mir einen Fehltritt erlaube! Aber ich denke, es ist an der Zeit, auf die Jagd nach einigen Antworten zu gehen! Egal wie lange es dauert. Egal wie sehr ich mich dafür ins Zeug legen muss. Ein lohnenswertes Ziel vor Augen zu haben, hat zudem den angenehmen Nebeneffekt, dass meine Aufmerksamkeit vom Weltlichen abgelenkt ist. Vielleicht kann ich so noch dem unvermeidlichen Tag entgehen, an dem ich meine erste Strafe als Genin aufgebrummt bekomme. Gefängnis. Wenn nicht, noch schlimmer. Darauf habe ich wirklich keine Lust. Aber von den Almosen, die man mir für meine Arbeit abdrückt, will ich auch nicht leben müssen. Ich habe Besseres verdient. Die Elster hat Besseres verdient! Und wird es sich auch holen!
Eintrag Nr. 2 – 04.04.901 Meisterdetektiv in spe Schlaf. Eine Menge Schlaf! Brauchte ich gestern, mehr alles alles andere! Wie sich herausstellt, ist es doch recht auslaugend, sich einer verdammten Prüfung zu unterziehen, vom halben Dorf für den anschließenden Erfolg verachtet und von zwei mordlüsternen Ex-Kommilitonen angegriffen zu werden, eine halbe Nacht durchzumachen und am Morgen direkt eine Schlepp-Mission quer durchs Dorf antreten zu dürfen. Wer auch immer diesen Schwachsinn eingefädelt hat, gehört meinen Klauen vorgestellt! Überdies stellte sich auch noch heraus, dass ich meine Mission garnicht mit einem Konoha-nin bestritt, sondern einer vermaledeiten Außenseiterin! Und nicht nur irgendeiner Außenseiterin, sondern der Königin unter den Irren! Ein verdammtes Zwei-Meter-Gewächs, mit einem Tierschädel auf der Rübe, vermutlicher Ebbe in der Geldbörse, dafür aber bewaffnet wie irgendein Urzeit-Samurai. Und benommen hat sich das Ding auch wie eine Samurai. Sprich, geistlos, witzlos, emotionlos. Mitfühlend und rücksichtsvoll wie ich nunmal bin, dachte ich eingangs, sie wäre irgendeine Konoha-Veteranin, der sie das Hirn zerballert haben, weswegen sie nun etwas komisch rüberkommt und nur Kleinstarbeiten ausführen darf. Aber nein, die Alte war offenbar noch relativ beisammen. So beisammen man halt sein kann, wenn man am helllichten Tage sein verfickte Waffe zückt und mir damit einen Heidenschreck einjagt! Die Arbeit selbst war so meschugge es nur geht. Wie gesagt; Schlepp-Mission. Was man eben Genin so aufträgt. Ans Einsammeln irgendeiner Katze wollte man mich wohl nicht ranlassen. Da eilt mir wohl mein Ruf voraus. Ob sie mittlerweile rausgekriegt haben, wie ich die Katze meines Lehrers damals abgemurkst habe? Unwahrscheinlich. Und wenn das wer ließt und mich damit drankriegen will: Beweis es erstmal! Jedenfalls sollte ich dem Fundbüro helfen mit seinem Berg an Arbeit fertig zu werden. Haben da wohl gerade personellen Notstand, wegen irgendeiner Krankheitswelle. Bin fast versucht, die armen Schweine mal aufzusuchen und mich anzustecken. Aber so gern ich auch einfach mal erlaubterweise frei hätte, Kranksein liegt mir nicht. Durchs Dorf ziehen und den Leuten ihrem Kram hinterhertragen, aber ebenso wenig, wie ich feststellen durfte. Nur gut, dass ich mich in Konoha auskenne, sonst wäre diese Mission die Hölle gewesen. Die irre Schwertfuchtlerin hätte bei der Navigation schließlich wenig geholfen, tat aber immerhin auch nicht so, als wisse sie es besser. Hat sich mehr darauf konzentiert, mir treudoof nachzulaufen und hat ihren Teil getragen. Wie zu erwarten, war die Dorfgemeinschaft nicht gerade erfreut, mich auf ihrer Türschwelle zu erblicken, weswegen ich lieber der ollen Pennerin die Auslieferung überlassen hätte. Aber nein, gerade bei sowas musste das Schrumpfhirn seinen Sinn für Gerechtigkeit entdecken. Alsob das Leben gerecht wäre! Hab getan was ich konnte. Mich sogar nützlich gemacht und, in einem typischen Moment elsterlicher Genialität, den Inhalt unserer Kisten optimal sortiert. War der Riesenkuh aber auch nicht genug. Vonwegen ich würde das Sortieren nur als Vorwand nehmen, nichts tun zu müssen und ihr die ganze Auslieferung überlassen. Naja, ich will mich nicht zu sehr beschweren. Schließlich brachte mir dieser Flohzirkus noch ein wenig Gewinn nebenher ein. Eine Action-Figur. Relativ gut erhalten, selten und damit wertvoll. Hab sie Eite verkauft, der steht auf solche Sammlerstücke. Aber ich glaube, wenn ich nicht so übermüdet gewesen wäre, hätte ich locker mehr rausholen können! Und es ist ja auch nicht unbedingt alles scheiße gelaufen. Obschon es hieß, wir hätte nach dem Ausliefern der alten Ware und dem Reinholen der neuen auch noch beim Versteigern zu helfen, erübrigte sich das Problem, als wir wieder im Fundbüro einkehrten. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass meine Wenigkeit zu dieser Detailänderung geführt hat. Damit zeigt sich doch einmal mehr, dass es von Vorteil ist, einen legendären Ruf zu genießen. Hier hat er mir mehr Arbeit erspart! Ein Hoch auf die Elster!
Aber genug von den alten Kamellen. Gestern war gestern, heute ist heute. Oder war? Ist ja schon wieder recht spät, während ich diese Zeilen verfasse. Morgen muss ich wohl wieder früh raus. Vermutlich. Ich weiß nicht. Habe ich meiner tollen neuen Sensei zu verdanken! Meiner Sensei, die es nichtmals fertig bringt, einen genauen Termin für unser Treffen zur morgigen Mission zu erwähnen. Ich weiß, dass wir uns morgen treffen. Am Dorfeingang. Für einen zweitägige Mission. Ui toll, aber wäre eine Uhrzeit vielleicht auch noch drin? Also bei mir braucht sie sich nicht beschweren, wenn ich zu spät komme! Klar, wenns eine mehrtägige Veranstaltung geht, werden wir uns wohl nicht erst abends treffen, so viel Geistesgegenwart darf sie schon von mir erwarten, aber auf die Minute genau wird sie mich nicht kriegen! Schließlich habe ich mir eine ruhige Nacht und anschließendes Ausschlafen verdient. Habe mir heute nämlich nochmals Mutters Tagebuch reingezogen. Diesmal sogar ausgeschlafen und konzentiert genug, dass ich Details behalte und auf gewisse Eigenartigkeiten aufmerksam werde. Zum Ersten: Das ganze Tagebuch ergibt vorne und hinten keinen Sinn. Also so richtig! Da sind permanent Anspielungen auf irgendwelche Geschehnisse oder Fakten, die nirgendwo mit auch nur einem Federstrich erwähnt werden. Als hätte sie hier nur die Hälfte aller Dinge, die damals vorgingen und die sie festhalten wollte, auf Papier verewigt. Gibt es womöglich noch mehr Aufzeichnungen, die etwas Licht in diese Sache bringen? Zudem scheint es so, als fühle sich Mutter damals zunehmend verfolgt. Litt sie einfach nur an Paranoia oder war da etwas im Busch? Jedenfalls ist es naheliegend, dass dieses Tagebuch nur die Spitze des Eisbergs ist. Und dass mein lieber Onkel womöglich noch mehr hat. Aber aus dem ist nichts rauszubekommen. Kein Wörtchen, nur das übliche kalte Schulterzucken und ablehnende Grunzen. Aber er meinte ja auch selbst, ich solle auf einen Beinen stehen. Kann er haben! Wenn an dieser Angelegenheit auch nur ansatzweise so viel dran ist, wie ich befürchte, dann hat er das Tagebuch wohl nur deshalb aufbewahrt, weil es, wenn man es fände, nur für sich genommen so belanglos wäre, dass man ihn dafür nicht drankriegen könnte. Wenn irgendwo noch mehr versteckt ist, werde ich vom Dieb zum Detektiv mutieren müssen, um alles zu finden. Freilich, ich könnte einen Gefallen von Hana einfordern, der Gedanke ist absolut nicht abwegig, bei ihrem Genie, aber bis ich weiß, worum es überhaupt geht und wie tief der Kaninchenbau reicht, behalte ich das für mich! Nicht, dass das eine von diesen "Ich würde Ihnen ja gern mehr davon erzählen, aber dann müsste ich Sie töten"-Angelegenheiten ist. Sofern der alte Sack mehr versteckt, als er zugeben will, hat er vermutlich was in seiner Werkstatt versteckt. Zumindest wäre das der Ort, wo ich Dinge verstecken würde, die man vor mir geheim halten will. Doch des Teufels Hobbykeller würde ich nur dann aufsuchen, wenn mir wirklich keine andere Wahl bleibt. Fürs erste will ich hoffen, dass dem Tagebuch mehr abzugewinnen ist und mir eine Reise in die Puppenhölle erspart bleibt. Denn, zum Zweiten; Ich habe womöglich eine heiße Spur! Ein Fehler in der chronischen Geheimniskrämerei meiner Mutter? Denkbar, findet sich jener Hinweis doch zu Ende des Tagebuchs. Wenn ihr Verstand zu dem Zeitpunkt bereits so lädiert wie ihr Schriftbild und ihre Ausdrucksweise war, ist es nicht unwahrscheinlich, dass ihr ein Malleur unterlief, ohne dass sie es mitbekam. In einem eher unwichtig erscheinenden Nebensatz dankt Mutter irgendeinem Yoshi-san für seine Unterstützung. Das Suffix impliziert für sich genommen ja erstmal einen gewissen Respekt, aber Yoshi klingt für mich wie eine Abkürzung. Ein Spitzname für einen Freund, Kameraden, Lehrer, Komplizen? Ryôshi wird sie ja wohl kaum meinen! Und so weit ich weiß, hatte meine Mutter keine Komplizen. Zumindest keine, die bis dato bekannt wären. Gerade das machte doch ihren Abgang so unerwartet, so merkwürdig, nicht? Und keiner konnte es sich hinterher erklären. Trotzdem taucht ihr Tagebuch auf und anscheinend existiert noch mehr Material aus jener Zeit. Wenn ich hier etwas auf der Spur bin, dann sicherlich zumindest einer Person, der man nützliche Informationen abpressen könnte. Und sollte irgendwer Wind davon bekommen, könnte mir alles durch die Lappen gehen. Ich muss also Vorsicht walten lassen. Extreme Vorsicht! Selbst wenn ich herausfände, wer mit Yoshi-san gemeint ist, wie sollte ich Kontakt aufnehmen, wie meine Fragen stellen? Und wie garantieren, dass nichts rauskommt? Einen erwachsenen Shinobi werde ich wohl kaum genug bedrohen können, dass er die Fresse hält. Erpressung also? Ich könnte bluffen, dass ich mehr weiß, als es den Anschein hat. Genug, um uns beide in Schwierigkeiten zu bringen. Aber was, wenn er mich zum Schweigen bringen will? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr erkenne ich, was da alles schiefgehen könnte. Aber die Zeit drängt ja nicht. Wenn diese Informationen all die Jahre unbeschadet überstanden haben, werden sie sich bestimmt noch ein bisschen länger halten. Alles in einem Rutsch lösen zu wollen, erscheint mir ohnehin nicht ratsam. Derlei Ablenkung könnte allein schon durch eine Veränderung meines Verhaltens offensichtlich werden. Und nicht jeder lässt sich durch legendäre Elster-Bluffs hinters Licht führen. Fürs Erste soll es mir also genügen, etwas auf der Spur zu sein was meinen lieben Vorgesetzten gehörig gegen den Strich gehen dürfte. Der Nervenkitzel muss reichen.
Eintrag Nr. 3 – 10.04.901 Planungen Die gottverdammte Paranoia schlägt mir aufs Gemüt. Ich sitze wieder in meinem Zimmer und versuche dieses dämliche Tagebuch zu entschlüsseln, als hätte ich nichts Besseres zu tun. Je mehr ich versuche die Texte zu verstehen, den vervorgenen Sinn dahinter zu finden, desto mehr scheint mich der selbe Verfolungswahn zu packen, den wohl meine Mutter letzten Endes erwischte. Und die Frage, ob ich hier nicht einfach nur Hirngespinsten nachjage und etwas sehen will, wo nichts ist, habe ich auch noch nicht abschließend klären können. Fest steht aber, Paranoia hin oder her, dass mein verändertes Verhalten wohl früher oder später auffallen wird. Und wenn das erst einmal der Fall ist, braucht es für die Tagebücher, das meiner Mutter und dieses selbst, bessere Verstecke, als sie dieses Haus mir zu bieten hat. Und mein Elster-Hort kommt dafür schonmal nicht in Frage! Niemals alle Eier in einen Korb! Ich werde beizeiten ein neues Versteck finden müssen. Oder gleich mehrere. Vielleicht bringt mich ein bisschen räumliche Trennung vom Tagebuch auch mal auf andere Gedanken. Ich habe mich auf die Suche nach weiteren Dokumenten gemacht. Irgendwo muss es noch mehr geben, so weit bin ich mir mittlerweile sicher. Aber wo? Mir fielen auf die Schnelle nur zwei Orte ein und an beide will ich mich nicht näher als unbedingt notwendig heranwagen. Die Werkstatt und unsere alte Wohnung. Verdammt, ich weiß nicht, wie lange ich da schon nicht mehr war. Ich weiß, dass ich anfangs immer wieder mal zurückgerannt bin, einfach weil ich mich da immernoch heimischer fühlte als in dieser Bruchbude, aber das legte sich wohl irgendwann. Bin mir ziemlich sicher, dass ich irgendwas in dem Zusammenhang vergessen habe, aber was solls. Was den geheimnisvollen "Yoshi-san" angeht, bin ich auch kein Stück weiter. Ich könnte hier und da vielleicht einen Gefallen einfordern, um meine Nachforschungen voranzubringen, aber mit so lächerlich wenig Informationen würde ich nur Zeit und Vorteile verschwenden.
Irgendwie drehen sich meine Gedanken in letzter Zeit nur noch im Kreis. Um einige wenige Themen, die mich ums Verrecken nicht loslassen wollen. Muss die Erschöpfung sein. Ein Shinobi zu sein, ist doch eine ganze Ecke anstrengender, als es der langweilige Akademie-Unterricht hat durchblicken lassen. Und dabei hab ich den ganzen Mist noch nichtmal gewollt! Aber nein; in Konoha zu leben und von Shinobi abzustammen, bedeutet eben auch, selbst einer zu werden. Und jetzt werde ich wohl aus der ganzen Geschichte nicht mehr heil rauskommen. So läuft das halt. Entweder du schaffst es in den Ruhestand oder in einen adäquaten Leichensack. Dem werde ich mich nicht entziehen können, also gilt es das Beste aus der Situation zu machen. Aus einer Situation, die jeden Tag unheilvollere Schatten vorauswirft. Das habe ich wohl davon, im Unterricht nur mit halbem Ohr zugehört zu haben. Der ganze Scheiß, den ich als Märchen und Mythen abtat, ist wohl zum größten Teil war. Moe-chan beschwört Drachen, das Sharingan kann so ziemlich alles und dort draußen lauern bestimmt noch viel größere Schrecken. Was soll ein kleiner Junge, der noch nie ein Ninjutsu hinbekommen hat, da schon für eine Chance haben? Eine, die er sich einfach nimmt! Scheinbar gibts eine Alternative zum Shunshin no Jutsu. Wenn ich die in die Finger bekäme, wäre ich eine Sorge los. Die Sorge, immer das letzte Glied sein zu müssen. Der Heini, der alle anderen aufhält. Ich will niemanden aufhalten. Vor allem mich nicht! Wenn es noch mehr Möglichkeiten gibt, meine lästige Schwäche zum umgehen, will ich sie alle finden. Ich habe es satt, einstecken zu müssen. Nicht das tun zu können, wonach es mich verlangt. Wenn ich schon ein Shinobi sein muss, dann wenigstens ein mächtiger!
So sehr ich die Elster auch liebe, aber ich schätze es wird an der Zeit, sich nach einem Zweitgag umzusehen. Ich kann mich nicht für den Rest meines Lebens in den Schatten herumdrücken und über die Schulter schauen, ob Gestalten wie Akio mir nicht wieder nachstellen. Was ich brauche, ist Macht. Kontrolle über mein Leben und jede Situation, in der ich mich wiederfinde. Nicht nur die Stärke, gewissen Leuten gehörig eine aufs Maul zu geben. Auch die Fähigkeit, sie nie wieder zu meinem Problem werden zu lassen. Aber zu was könnte mich sowas machen? Ich würde es hassen, irgendwann in den Spiegel zu sehen und zu erkennen, dass ich zu der selben Art stumpfsinnigem Schwertschwinger geworden bin, wie Akio selbst einer ist. Das ist auch der Grund, warum ich den Gedanken, mir Kenntnisse im Hachimon Tonko anzueigenen, recht schnell wieder verworfen habe. Das Letze, was ich brauchen kann, ist mich noch mehr zu spezialisieren, festzulegen, einzuschränken! Und die acht inneren Tore zu meistern, hieße, meine Genjutsu-Ausbildung zu vernachlässigen. Einen Dreck werde ich tun! Ich will mehr! Mehr Möglichkeiten, ein weiteres Spektrum! Nicht nur rohe Gewalt. Mehr als alles andere, will ich aber anders sein. Irgendetwas einzigartiges mein Eigen nennen. Vielleicht klammere ich mich deswegen an das Tagebuch meiner Mutter. In der Hoffnung, irgendwelche einzigartigen Lehren daraus ziehen zu können. Eine Verräterin mag sie ja gewesen sein, aber talentiert war sie zweifelsohne. Angeblich mit der selben Schwäche geschlagen wie ich. Vielleicht sollte ich mich ein wenig über Gifte informieren. Das wäre wohl ein Anfang. Aber in der Hinsicht ist mir von ihr nichts geblieben, was mir Einsicht gewähren würde. Ihre Genjutsu-Schriftrollen haben aber sehr weitergeholfen. Wenigstens etwas aus ihrer Hinterlassenschaft leistet seinen Beitrag, mich zu fördern. Ich habe heute einige kleine Experimente veranstaltet. Übungen, um mein Genjutsu zu verbessern. Ich glaube, habe langsam den Dreh raus, wie man Illusionen auf mehrere Leute wirkt, ohne es ihnen allzu einfach zu machen, sie zu brechen. Eine interessante Fähigkeit, die ich ohne diese Schriftrollen nicht einmal gekannt hätte. Und dann sind da noch weitere Jutsu, die ich demnächst einmal ausprobieren möchte. Ablenkungen, Täuschungen, Beeinflussungen. Verflucht sei der Narr, der bei Genjutsu nur an irgendwelche höllischen Foltergespinste denkt! Zwei Genjutsu haben meine Aufmerksamkeit ganz besonders auf sich gezogen. Ein Paar, zweifelsohne. Eines dient der "Entwertung" ausgewählter Gegenstände, Dienstleistungen oder sogar Leuten, was es einem in Verhandlungen einen gewaltigen Vorteil verschaffen sollte. Das Zweite, die "Aufwertung", bewirkt das Gegenteil. Diese Zwillinge bringen das Wertverständnis eines Opfers völlig durcheinander! Echt beeindruckend und genau meine Vorstellung von Macht! Beide Jutsu zu beherrschen, und anzuwenden, ohne dass es jemand spitz kriegt, sollte meiner Kasse sehr zuträglich sein! Es zeigt wieder einmal, wie nützlich Illusionen doch sind. Und wie idiotisch der Gedanke, diese Kunst, zu Gunsten einer Fixierung auf Taijutsu, aufzugeben!